Virus
[...]
Like a mushroom on a tree trunk
As the protein transmutates
I knock on your skin, and I am in
[...]
The perfect match, you and I
You fail to resist
My cristalline charm
Like a virus, patient hunter
I'm waiting for you, I'm starving for you
Wie ein Pilz klopfe ich an deine Haut
Sphärisch feengleich kommt der Song "Virus" von dem Album Biophilia daher. Fast walzergleich möchte man sich in den Armen der Geliebten wiederfinden und die Nacht eng angeschmiegt hindurchtanzen. Doch Björk singt hier eher von einer Androhung, einer Anbahnung einer Liebesbeziehung. Und vergleichen tut sie sich mit einem Pilz auf einem Baumstumpf, der, während die Proteine sich wandeln, an die Haut eines "Du" klopft und sie durchdringt. Andere Bilder bemüht sie, so das Bild des Virus aus dem Titel, um die Art des Werbens um den Geliebten zu verdeutlichen. Liebe ist hier gewaltvoll, ein Jagen, dem das Opfer erliegt. Der Geliebte wird keine Chance haben. Wie der Pilz die Holzsubstanz langsam zersetzt, so werden hier die Widerstände des "Du" gebrochen. Nein, diesem Charme kann keiner widerstehen. Wenn man Björks Stimme hört und die glockenspielähnlichen, manchmal blechern klingenden Töne der Musik vernimmt, wird man hineingetragen in ein Reich einer verzauberten Welt. Und die Stimme, ja, sie trägt dich fort. Gerne würde man sich von diesem sirenengleichen Klang verführen lassen, auch wenn die eigene Existenz auf dem Spiel stände. Ein Rausch, in dem unterzugehen, man alles bereit wäre einzusetzen. Ja, Pilzmyzelien, durchdringt mich, auf dass ich in Schönheit und Ekstase verfaule.
Doch nicht nur das Leben des "Du" steht auf dem Spiel. Das "Ich" zersetzt es zwar in seiner Durchdringung, doch letztendlich, vom Ende her gedacht, wird auch das Ich, wenn das "Du" sich aufgelöst hat, mit ihm untergehen. Nein, diese Liebe kennt keine Weichheiten, es ist Liebe in allerhöchster Konsequenz, hier werden Leben aufs Spiel gesetzt, um in Momenten der Schönheit durch den Kosmos zu klingen.
Im Internet wird das Lied auch auf einer Metaebene interpretiert. Das "Ich" wäre in dieser Auslegung dann der Mensch, das "Du" die Erde. Dass der Mensch die Erde tatsächlich infiziert und ihrem Ende entgegenführt, kann man ohne größere Probleme feststellen. Dass beide am Ende zur gleichen Zeit untergehen werden, scheint im Bereich des Möglichen. Obwohl mir die konkrete Bedeutungsdimension des Liedes besser gefällt, kann man zumindest eine gewisse Sympathie für letztgenannte Interpretation aufbringen: die Erde als lebendiger Kosmos, als Liebhaber des Menschen, der ihren Tod aus Liebe und Verlangen bewirkt.
Sei es wie es sei, in der engelhaften Stimme Björks würde ich gerne vergehen.