Das Wirtschaftsbarometer - Es geht bergab

Wenn man ihn das erste Mal sieht, würde man nicht vermuten, einen Pilz vor sich zu haben. Er sieht eher aus wie ein Vogelnest eines Miniaturvogels, den noch nie ein Mensch zuvor zu Gesicht bekommen hat. Im Englischen heißt die Gattung der Teuerlinge dementsprechend "Bird's nest fungus". Im deutschen Sprachraum hat sich die Krämerseele unseres Wesens durchgestzt und bezeichnet sie als Teuerlinge. Ja, es steckt tatsächlich das Adjektiv "teuer" im Gattungsnamen. Zusammenhängen tut dies mit seinem vermehrten Auftreten in regenreichen Jahren, die dafür verantwortlich waren, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse wegen etragsärmeren Ernten teurer wurden. Und die wie Samen aussehenden Kügelchen wurden als Geldstücke gedeutet. Also bedeuteten mehr Teuerlinge höhere Geldausgaben. Man sieht, wie sich die märchenhaften Strukturen unserer Wälder gewandelt haben. Hätte ein Hans im Glück diese Pilze zu Gesicht bekommen, er hätte garantiert unermessliche Reichtümer unter dem nächsten Wurzelstock gefunden. Rotkäppchen hätte dem Wolf verziehen und in den Talerstücken dagobert-duck-gleich gebadet und Aschenputtel wäre im Reich der Holle noch reicher belohnt worden. Nein, in späteren Zeiten zeichneten diese Pilze den Schrecken in die Augen derer, die sie sahen und die kommenden Ausgaben brannten sich sorgenvoll in ihre Gesichtszüge ein.

Dabei sind die "Kügelchen" weder Samen noch Geldstücke, sondern die Sporenträger, die sogenannten Peridiolen. Zuerst noch durch einen Myzelstrang am Boden des Fruchtkörpers befestigt, löst dieser sich mit der Zeit schleimförmig auf. Wenn nun Regentropfen in das Innere des Bechers fallen, werden die Sporenpakete hinausgeschleudert und heften sich an in der Nähe befindliche Äste oder Pflanzen, von wo aus die Sporen freigelassen und durch den Wind verbreitet werden. Eine andere Theorie besagt, dass es Vögel seien, die die Peridiolen aus den Bechern picken und so für die Fortpflanzung der Teuerlinge verantwortlich seien. Nun sei es wie es sei. Irgendwie scheinen sie es ja zu schaffen, sich fortzupflanzen.

Denn überaus häufig sind sie, obwohl es gar nicht so einfach ist, sie zu entdecken. Auf Fotos machen sie ja schon einen recht imposanten Eindruck. In Wirklichkeit sind sie zwar tatsächlich beeindruckend, aber auch sehr klein, so dass man sie leicht übersehen kann. Das erste Mal, dass ich sie sah und von dem die Fotos stammen, kam mir ein matschiges, feuchtes Sammelgebiet in einem Buchenmischwald zu Hilfe. Ich sank förmlich ein und leise vor mich hinfluchend setzte ich mich auf einen liegenden Stamm, um den schon eingedrungen Schlamm aus meinen Schuhen zu entfernen. Und was soll ich sagen: direkt neben mir, im Moos, das den Stamm bedeckte, saßen sie und drohten mit Inflation und Ruin. 

Der gestreifte Teuerling - Cyathus striatus - ist leicht zu erkennen. Die gestreifte Innenfläche des Bechers verrät ihn. Andere Vertreter der Gattung haben dies nicht. Wohl fühlt er sich auf abgestorbenem Holz, egal ob Laub- oder Nadelholz. Ganz der Devise, dass wirtschaftliche Probleme global sind, ist er ein wahrer Kosmopolit. Bis auf die Sahara und die Zugspitze scheint er fast überall beheimatet zu sein.