Baby, I'm on fire

Ich muss sagen, dass der herbe Zwergknäueling - Panellus stiptiicus - auf den Fotos wirklich schön aussieht. Findet man ihn in der freien Natur, wird es den meisten wohl so gehen, dass sie ihn keines Blickes würdigen. Von weitem wirken die muschelförmigen Fruchtkörper braun, weißlich belegt und wellig unansehnlich. Man mag es kaum glauben, wenn man nun die Nahaufnahmen betrachtet. Auf ihnen zeigt der herbe Zwergknäueling eine Seite, die man mal wieder nur entdeckt, wenn man die Nähe des Pilzes sucht. Feine Schattierungen, eine glänzend kleiartige Oberfläche und Farbverläufe können wahrgenommen werden, und ich möchte denjenigen treffen, der ihn nicht als schön bezeichnet. Nur wiederholend kann ich in mein mantraähnliches Posaunenhorn blasen: Nehmt euch Zeit und taucht hinein in die Welt des Kleinen. Sie wartet mit Sinneseindrücken auf, die euch noch in den Schlaf hinein verfolgen werden. 

Panellus stipticus ist ein saprobiontischer Pilz, d.h., er baut totes organisches Material ab: in unserem Falle besonders Stämme und Äste der Rotbuche und der Eiche. Oft kommt er mit vielen Fruchtkörpern dachziegelartig daher, obwohl man von weitem meint, dass er wegen seines Aussehens (siehe oben) ein eher marodes und baufälliges Gebäude abschließt. Nun, abschließen tut er nichts, was mich an einen Klassiker des Vallenato (die Musik der kolumbianischen Karibik) erinnert - La casa en el aire von Rafael Escalona: Voy a hacerte una casa en el aire....Ich werde dir ein Haus in den Lüften bauen. Gut, ich schweife ab. Escalonas Liebeslied passt nun vielleicht doch nicht zu unserem Pilz. 

Seinen Namen verdankt er seinem Geschmack: knäuelig weich kann man wie auf einem Kaugummi auf ihm herumkauen. Ist der Anfang noch süß und etwas harzig, kommt schon bald seine herbe Geschmacksnote zum Vorschein. Einmal ausprobieren, ist ein absolutes Muss, auch wenn man es getrost bei dem einen Male belassen kann. Die Süßwarenabteilung unserer Supermärkte wird der herbe Zwerknäueling wohl nicht erobern.

Doch wenden wir uns dem Titel dieses Beitrags zu. Baby, I'm on fire. Ja, feurig ist das Innere dieses Pilzes, denn er hat die Macht in der Dunkelheit zu leuchten. Der gesamte Ast oder Stumpf, den sein Myzel durchwirkt hat, leuchtet in der Nacht, wovon man sich auf Bildern im Internet überzeugen kann. Eine kleine Einschränkung folgt sogleich: Anscheinend ist es nur eine nordamerikanische Variante unseres Pilzes, die diese Fähigkeit ausgebildet hat. Weiß der Teufel, warum nur sie. Bestimmte Quellen im Internet (nunja, müsste man nachprüfen) gehen davon aus, dass auch die europäischen Vertreter die Fähigkeit zur Biolumineszens hätten.

 Es hilft nichts, ich muss in der Nacht in den Wald, um zu sehen, ob es stimmt.

Da ich alleine ein doch zu großer Angsthase bin, starte ich einen Aufruf an alle, die bereit sind, dieses Abenteuer mit mir zu bestehen. Ich bitte nur die Perversen und pathologisch zwanghaften Menschengliederzerteiler, sich anderen Exkursionen anzuschließen.

Wenn sich dann herausstellen sollte, dass Panellus stipticus nur in Nordamerika leuchtet, ergibt sich die Frage nach dem Grund. Zur Biolumineszens gibt es einige Vermutungen: So könnten Pilze durch das Leuchten Tiere anlocken, die bei der Verbreitung der Sporen beteiligt sind. Auch sei denkbar, dass "Fressfeinde" abgeschreckt werden sollten. Bei dem herben Zwergknäueling habe ich meine eigene Theorie. So wurden lumineszierende Pilze militärisch genutzt, u.a. als Beleuchtung von U-Booten. Leute, es liegt auf der Hand: der nordamerikanische lumineszierende Panellus stipticus ist ein Produkt der CIA. Punkt und aus. Jetzt vergreifen sie sich sogar schon an Pilzen, um ihre Feinde in die Knie zu zwingen.

Ich bekenne: Ich bin empört.