Der Sportplatz in Lank-Latum

Zugegeben, in Lank-Latum wird man nicht gerade Busladungen japanischer Touristen erwarten, weniger auf seinem Sportplatz. Nein, ein touristisches Highlight stellt er nicht dar, trotzdem rührt er in seiner aschenroten Verlassenheit. Ich steuere ihn regelmäßig ab November bis in den Februar hinein an, um in dem nahe gelegenen Lank-Latumer Bruch auf die Suche nach Winterpilzen zu gehen. Besonders der Samtfußrübling - Flammulina velutipes -findet sich dort und auch das Judasohr wächst, wenn genug Feuchte vorhanden ist, in stattlichen Fruchtkörpern an alten verknöcherten und verwachsenen Holunderbäumen. Winterpilze sind faszinierend, da ihnen Minustemperaturen nichts ausmachen. So hat der Samtfußrübling Proteine, die sich an Eiskristalle heften, um deren Ausbreitung im Fruchtkörper zu verhindern. Es lohnt sich also im Winter mit dem Korb in die Wälder zu ziehen. Besonders erfolgsversprechend sind Au- und Bruchwälder, da in ihnen die Bäume wachsen, die er am liebsten besiedelt: Pappeln, Holunder, Eschen und Weiden. 

Auf dem Weg in den Wald kommt man an dem an der Pappelallee gelegenen Sportplatz vorbei., und er gibt einem die Gelegenheit, bevor das Sammel- und Jagdfieber zu starke Höhen erreicht, noch einmal in sich zu gehen. Wenn man so will, stellen Sportplätze eine besondere Raumstruktur dar. Eingebettet in das normale Alltagsleben, herrschen zwischen seinen Linien und Abgrenzungen eigene Gesetze, die eine Loslösung aus dem normalen Leben ermöglichen. Ist für Foucault das Schiff der Ort des Träumens, der Andersort auf den sich die verschiedensten Möglichkeitsräume legen können, so ist es für mich in gewissem Maße der Sportplatz, auf dem Andersorte entstehen können. Sprich, ein Ort, an dem andere Möglichkeiten eines Lebens zumindest aufscheinen. Nun ist ein verlassener Sportplatz - und dann zu allem Übel auch noch ein Aschenplatz - die völlige Verneinung eines Angebotes. Dies macht, denke ich, seine Verlassenheit und Einsamkeit aus. So ohne Ball und Geschrei und laufende Menschen hat er fast etwas Sakrales, das auf seine Erweckung wartet. Doch er scheint vergessen. Jedesmal, wenn ich ihn zu meinen Pilztouren ansteuere, liegt er verlassen und still am Eingang des Bruchwaldes, in dem ich dannn in einen anderen sakralen Raum - den des Holunderbaumes, dem Eingang in das Reich der Holle (Frau Holle) - mit gezücktem Messer eintrete.