Ein etwas anderes Schnitzel

Spektakulär ist am Parasol - Macrolepiota procera - neben seiner Größe erst einmal sein Name. "para" bedeutet gegen, "sol" Sonne: also gegen die Sonne, was man mit Sonnenschirm übersetzen könnte. Auch im Spanischen gibt es tatsächlich das Wort "parasol" mit derselben Bedeutung. Also bietet unser stattliche Pilz Schutz gegen die Sonne. Doch wem? Wohl kaum uns Menschen. Nein, es müssen schon Zwerge, Feen, Kobolde und sonstige Geschöpfe der Mythenwelt sein, die vor der brennenden Spätsommersonne etwas Kühlung und Rast unter den aufgeschirmten Hüten suchen.  Und diese Rast kann auch mit dem Geruchssinn genossen werden. Leicht nussig weht ein Hauch über die erhitzten Wesen, und am liebsten würde man schrumpfen, um sich ebenso unter die Sonnenschirme legen zu können. Aber auch der Mensch kommt bei dem Parasol nicht zu kurz. Zuerst ist sein Äußeres hervorzuheben. Wirklich stattlich, schön und elegant zeigt er sich dem Betrachter. Meistens kommt er in Gruppen vor und wächst zuweilen in Formationen, die an Hexenringe erinnern, was ebenfalls eine mythische Komponente besitzt. Verursacht werden sie durch das Wachstum des Pilzmyzels, das sich radiär in alle Richtungen ausbreitet. An den Myzelenden werden dann die Fruchtkörper gebildet, weshalb einige Pilzarten diese  sogenannten Hexenringe bilden können. Typisch ist es für den Parasol allerdings nicht, obwohl ich, wie gesagt, diese Formation bei ihm schon besobachtet habe. 

Die Größe, die der Parasol erreichen kann, verschlägt einem etwas die Sprache. Selbst als halb-blinder Pilzsammler wäre es noch möglich, ihn zu finden, denn der Hutdurchmesser kann in einigen Fällen durchaus um die 40 cm erreichen. Besondere Standortansprüche hat er eigentlich nicht. In Wäldern wie auf Wiesen kann man ihn antreffen. Einzig sandige und säure Böden mag er nicht so sehr, obwohl er auch ab und zu auf ihnen fruktifiziert. 

Und das beste natürlich zum Schluss: Er ist essbar und leicht bestimmbar, obwohl man sich seine Merkmale einprägen sollte. Das wichtigste ist der genatterte Stiel, der ihn von anderen Riesenschirmlingen - zu dieser Gattung gehört er - unterscheidet. Dann, um sicher zu gehen, auch einen Riesenschirmling vor sich zu haben, muss der Stielring verschiebbar sein. Und schließlich sein schöner nussiger Geruch, der auch nach der Zubereitung noch dezent anwesend ist. Wirklich lecker.

Doch wie bereitet man ihn am besten zu? Tja, wegen seiner Größe und seinem hübschen Aussehen sollte man die Hüte als Ganzes braten, und dies klassisch paniert mit Mehl, Ei und Semmelbröseln. Ein Wiener Schnitzel der anderen Art, aber geschmacklich muss es diesem in nichts nachstehen. Auch wenn die Zwerge, Kobolde und Feen wütend durch die Mittagshitze stapfen und den Menschen verfluchen, der ihren Sonnenschirm geraubt hat und man sich auch lieber nicht mit ihnen anlegen sollte, dem Geschmack des Parasols kann man einfach nicht widerstehen.