Irgendwie wie Schokolade
Auch wenn ich bisher von keiner gleichlautenden Geruchsbeschreibung des weißen Stockschwämmchens - Psathyrella piluliformis - gelesen habe, riecht es für mich nach Schokolade. Ich weiß nicht, ob mich die manchmal wie vollmichschokoladenbraun ausschauenden Hüte in die Irre führen, aber nein, wenn man seinen Duft intensiv einatmet, ist das Schokoladige dezent im Hintergrund wahrnehmbar. Und essbar ist es auch noch, auch wenn in den meisten Quellen von bedingt essbar die Rede ist. Es hat wohl Menschen gegeben, die es nicht vertragen haben. Vorsichtig herantasten kann man sich allemal. Mit zwei, drei zubereiteten Pilzkörpern kann man angstfrei einen Selbstversuch starten. (Auch wenn ich das selbst noch nicht gemacht habe, wird es, so ich ihn denn finden sollte, im nächsten Jahr passieren.) Allerdings wäre es nicht schlecht, wenn man für seine Ernte etwas Erfahrung mitbringt und sie ein paar Mal sicher angesprochen hat. Denn giftige Baumpilze, die eine entfernte Ähnlichkeit mit dem weißen Stockschwämmchen haben, gibt es durchaus.
Dabei ist "Stockschwämmchen" eigentlich ein etwas irreführender Name, denn mit dem eigentlichen Stockschwämmchen - Kueneromyces mutabilis - hat es nur das äußere Erscheinungsbild gemein - und das auch nur entfernt. Das weiße Stockschwämmchen gehört zu einer ganz anderen Pilzgattung, der der Faserlings- oder Mürblingsverwandten - auf lateinisch: psathyrellaceae. Aus diesem Grunde passt ein ebenfalls gebräuchlicher deutscher Name schon viel besser: wässriger Mürbling. Das Epitheton "wässrig" verdankt er den weißlichen Velumresten auf seinem Hut, die etwas an die weiße Gischt der Meeresufer erinnern. Neben den weißlichen Velumresten hat es in einem jüngeren Stadium seines Daseins am Hutrand dunklere Velumreste, was das weiße Stockschwämmchen" von einer sehr ähnlichen Nachbarart unterscheidet: dem schokoladenbraunen Faserling - Psathyrella spadicea. Ha, da ist es, das Schokoladige im Namen seines Fastzwillings.
Normalerweise wächst es extrem büschelig an toten Laubholzstümpfen (Rotbuche und Eiche), wurde anscheinend aber auch schon an Nadelholz gesichtet. Auch habe ich es an einem lebenden Eichenbaum entdeckt, dort allerdings nicht so extrem büschelig.
Imposant ist seine Erscheinung allemal, besonders in seinem büscheligen Auftreten. Dazu der schokoladige Geruch. Eigentlich möchte man sich daneben setzen und von Geburtstagstorten im Zwergenreich träumen.