This is hardcore

Hatte mich schon der gelbmilchende Helmling schwer begeistert, hat nun endgültig der buntstielige Helmling - Mycena inclinata - mit seinem gemeinen Helmlingsschimmel- Spinellus fusiger -  mich in die Euphorie hineingerissen, und ich bekenne: Ich bin ein Helmlingsfan. Nur Helmlingsschimmel? Ich frage mich, wie dieser phantasielose Name einem Geschöpf zuteil wird, das wahrlich einen anderen Namen verdient hätte. Eine ganze Reihe von ihnen fällt mir ein: Schwarzpunktierte Schleierdame, fädriger Helmlingstöter, tausenfädriger Perforationspilz, Sado-Flagellationspilz usw. Meine Güte, gemeiner Helmlingsschimmel. Ich plädiere an alle Mykologen: Errettet den Helmlingsschimmel aus seinem tristen Schimmeldasein. 

Dabei ist er ganz schön hinterhältig. Seine Hyphen durchbohren die Hüte von Helmlingen und  an den äußersten Spitzen der Hyphenfäden werden die Sporen gebildet, die dann hauptsächlich mit der Hilfe des Windes neue Opfer sucht. Opfer waren diesmal die buntstieligen Helmlinge, die normalerweise auf abgestorbenem Eichenholz wachsen. 


Ich glaube nicht daran, zumindest nicht, dass er so hinterhältig sein kann. Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir es hier mit einer ästhetischen Symbiose zu tun haben. Müde seines braun-gelben Gemeinschaftslebens (er kommt immer in größeren Gruppen vor) hat der bunststielige Helmling beschlossen, sich abzusetzen, und welch eine schöne Idee, sich dazu des Helmlingsschimmels zu bedienen, den auch sonst wahrscheinlich nur ein trostloses Leben auf dem Erdboden erwartet hätte. So strahlen nun beide in einer agressiven Stille, ja, this is hardcore, ein barockes hardcore, die Weiterentwicklung des Punkgehabes des gelbmilchenden Helmlings. Hier herrscht keine Verspieltheit mehr vor, hier scheint die nackte Gewalt der Existenz in all seiner Radikalität.

Eine Mischung aus Askese und lustvollem Sadomaso-Gehabe, dafür stehen die beiden und ich spüre, dass eine Stmme von ihnen ausgeht und mir etwas mitteilen möchte. Davon dann in einem anderen Blog.