Das Mahnmal des vergangenen Herbstes

Im Münsterland werden auch die Wälder immer wieder von Feldern unterbrochen und geben, wenn sich nicht gerade die Maisähren im Herbst in all ihrer gedüngten Pracht in die Höhe strecken, den Blick auf die Umgebung frei. Das abgeerntete Maisfeld der Fotos liegt zwischen den Ortschaften Gescher und Ahaus und das es umgebene Waldgebiet wird Bröcke genannt. Zwei Felder, die durch einen Wassergraben getrennt sind, werden durch eine hölzerne Brücke verbunden. Irgendwie ein Relikt aus älterer Zeit und ich frage mich, ob sie noch benutzt oder dem Fraß der Pilze überlassen wird. Nun, sei es wie es sei, meine Aufmerksamkeit wurde eher durch die die Ernte überlebten Ähren am Rande des Feldes geweckt. Vergilbt und mit eingeknickten Spitzen verharren sie still und blicken über das gemähte Feld, aus denen zwischen Schnee, Matsch, Pfützen und Traktorenspuren die Stoppeln ihrer Artgenossen blicken. Es wird wohl so sein, dass die Erntemaschinen sie nicht erreicht haben, und man es nicht für nötig hielt, sie per Hand abzuschneiden.

So allerdings erscheinen sie wie ein sakrales Mahnmal an den vergangenen Herbst. Den Blick auf das öde Feld gerichtet, erinnern sie an eine Blüte, die vergangen ist. Fas schon inkaisch wirkt die Geste. Vor dem Trinken des ersten Schluckes Chicha - des "Bieres", das aus Mais hergestellt wird - werden ein paar Tropfen auf die Erde geschüttet, um der Erdgöttin Pachamama Tribut zu zollen und sie zu nähren. Eine Verbindung deutet sich an. Der münsterländer Bauer lässt Maispflanzen stehen, als Opfergabe an die germanische Erdgöttin Holle. So hat es die Maispflanze geschafft, das Münsterland mit inkaischen Traditionen zu überziehen. Wahrscheinlich gären die Maiskolben in den Bauernhäusern vor sich hin, um sich zu Weihnachten mit Chicha und Korn zu betrinken und um das Erdfeuer herum- Patchamama zu Ehren - in rituellen Ekstasen zu tanzen. 

Ja, ich habe es verkannt, das Münsterland. Hardcoremultikulti - das ist seine wahre Natur.